Extrem hohe Zahl an Hinrichtungen im Iran und Saudi-Arabien
Im Iran setzten die Behörden die Todesstrafe verstärkt ein, um die Bevölkerung in Angst und Schrecken zu versetzen und ihre Macht zu festigen. Mindestens 853 Menschen wurden hingerichtet, was einem Anstieg von 48 Prozent gegenüber 576 vollstreckten Todesurteilen im Vorjahr entspricht. Die Hinrichtungen betrafen unverhältnismäßig oft die ethnische Minderheit der Belutsch*innen. Auf sie entfielen 20 Prozent der registrierten Hinrichtungen, obwohl sie nur etwa fünf Prozent der iranischen Bevölkerung ausmachen. Von den dokumentierten Hinrichtungen im Iran wurden über 60 Prozent für Taten vollstreckt, die nach internationalem Recht nicht mit der Todesstrafe geahndet werden dürften, darunter vor allem Drogendelikte. Amnesty International hat zum dramatischen Anstieg der Hinrichtungen im Iran bereits im April 2024 einen Bericht veröffentlicht.
In Saudi-Arabien sank die Zahl der vollstreckten Todesurteile leicht um zwölf Prozent auf 172 Hinrichtungen. Darunter waren auch sechs Frauen. Saudi-Arabien ist das einzige Land, das im letzten Jahr die Hinrichtungsmethode der Enthauptung anwendete. Todesurteile wurden dabei nach unfairen Verfahren gefällt und "Geständnisse" durch Folter erpresst. Auch in Saudi-Arabien wurden Todesurteile für Taten wie Entführungen und Vergewaltigung gefällt, für die nach internationalem Recht nicht die Todesstrafe angewandt werden darf. Im Juli 2023 wurde Mohammad al-Ghamdi für regierungskritische Social-Media-Posts zum Tode verurteilt.
Rückschläge in den USA und Subsahara-Afrika
In den USA stieg die Zahl der Hinrichtungen von 18 auf 24 im Vergleich zum Vorjahr. In den US-Bundesstaaten Idaho und Tennessee wurden Gesetzentwürfe eingebracht, die Exekutionen durch Erschießungskommandos ermöglichen sollen. Das Parlament des Bundesstaates Montana prüfte die Ausweitung der Liste der verwendbaren Substanzen für tödliche Injektionen.
In Somalia wurde ein dramatischer Anstieg von Hinrichtungen verzeichnet: Die Zahl der Hinrichtungen versechsfachte sich von sechs im Jahr 2022 auf 38 im Jahr 2023. In der Region Subsahara-Afrika stiegen die registrierten Todesurteile drastisch um 66 Prozent (298 in 2022; 494 in 2023). Darüber hinaus hat kein Land in der Region 2023 die Todesstrafe abgeschafft.
Staatliche Geheimhaltung
Amnesty International geht davon aus, dass China nach wie vor weltweit die meisten Menschen hinrichtet. Aufgrund der staatlichen Geheimhaltung enthält der Bericht von Amnesty International jedoch keine Angaben zu den vermutlich tausenden Menschen, die in China exekutiert wurden. Die Menschenrechtsorganisation kann aus ähnlichen Gründen auch keine Zahlen zu Nordkorea und Vietnam vorlegen – beides Länder, von denen angenommen wird, dass sie in großem Umfang Menschen hinrichten.
In China wurden 2023 Berichte in den staatlichen Medien über Hinrichtungen genutzt, um die Bevölkerung daran zu erinnern, dass Straftaten wie Drogenhandel und Bestechung mit dem Tode bestraft werden können. Nordkorea führte ein neues Gesetz ein, das die Todesstrafe als mögliche Strafe für diejenigen vorsieht, die nicht Koreanisch verwenden. Myanmar verhängte weiterhin in geheimen und unfairen Verfahren Todesurteile vor Militärgerichten.
Amnesty International lehnt die Todesstrafe grundsätzlich und ohne Ausnahme ab, ungeachtet der Art und Umstände des Verbrechens, der Schuld oder Unschuld der Person oder der Hinrichtungsmethode. Die Organisation setzt sich für die vollständige Abschaffung der Todesstrafe ein.
Amnesty-Bericht-Iran-Hinrichtungen-Todesstrafe-April-2024.pdf